Konzert März 2001

Jugend-Symphonie-Orchester im Dom-Gymnasium

Freising — Da ist ein bewundernswerter Pädagoge am Werk: Anders wird aus einer Hundertschaft noch so leidenschaftlicher und ernsthafter Instrumentalisten kein Klangkörper mit Charakter und homogener Tiefe. Als solcher präsentierte sich das Münchner Jugend-Symphonie-Orchester im Dom-Gymnasium mehr noch als beim letzten Mal.

Alejandro Vila fordert und fördert: feilt am Klang und dynamischen Feinsinn, duldet kein. schlampiges Formulieren und verschafft jeder Stimme im subtil gewirkten Satzgewebe ihr Recht; ein Faden glänzt umso schöner im Gegenglanz des ändern und im gefälligen Schein des Ganzen. Eigenheiten seiner ‘ Musikauffassung mögen dem Bewältigen auch schwieriger Aufgaben zugute kommen. Vila lässt nie drauflos musizieren, bremst den Schwung und erzwingt geduldigen Ernst, inständige Breite. In Mendelssohns Hebriden-Ouvertüre op. 26 geht es nicht um Natur-Nachahmung oder Erzählung, sondern um reine Musik, abstrakte schwebende Klangkunst. Die Instrumentalfassung von Debussys früher „Petite Suite» wagt am ehesten entspannte, urbane Helligkeit und Laune, ist aber dann doch eher eine geschmackvoll-kontrollierte, bedächtig auffächernde Etüde in Orchesterfarben.

Nicht immer kann man ein Seufzen unterdrücken, wenn etwa in Koálys „Tänzen aus Galanta» die Klarinette mit grandioser Fülle und Biegsamkeit lossingt und dann in eiserne Disziplin rückgebunden wird. Da denkt man an Harnoncourt, seine Warnung vor den gleichen Noten, die der Tod der Musik sind. Da dürften neben den vielen breit und genau gereihten 16teln doch auch erregter atmende 17tel und 18tel sein. Für den Solisten Markus Korselt war das Orchester ein rücksichtsvoller und wacher Partner. Er beherrschte in Edward , Elgars Cellokonzert e-moll op. 85 mühelos die Szene, auch ohne gar zu großen und charakteristischen Ton. Es war eine sehr achtbare Leistung, wenn auch noch kein Ringkampf ohne Angstschweiß, bisweilen ein Umkreisen von außen her, von der sicheren Seite technischer Bewältigung. Musikalisch überzeugten am ehesten die Ecksätze, der düstere Pessimismus, die verbitterte Leidensgestik. Das Adagio war allzu dünn und skrupulös im Vortrag und das bizarre Fiebern des Allegro molto verlor sich in Gediegenheit. Gerade hier ist es freilich schwer, Jacqueline du Prés Wahnwitz aus dem Kopf zu bekommen. Dagegen blass auszusehen, ist kein Wunder und keine Schande.

ROBERT LEUTNER

Disziplin und geduldiger Ernst:
Alejandro Vila fordert viel von seinen jungen, talentierten Musikern.